Viana do Castelo – Guido Laukamp gibt sich bescheiden: «Unser erstes Hochseeschiff ist ja eigentlich nur Flusskreuzfahrt auf Wellen», sagt der Geschäftsführer von Nicko Cruises.
Die Schiffe des Anbieters fahren bisher auf Donau und Rhein, Douro und Wolga, und auf vielen anderen Strömen. Nun fährt eines auf den Meeren: die «World Explorer». Jedenfalls soll es bald soweit sein.
Denn nicht alles läuft glatt beim Bau des ersten Hochseeschiffes, das für Nicko Cruises unterwegs sein wird. Die Fertigstellung verzögert sich. Die ersten vier Reisen der Europa-Saison 2019, die durch das Mittelmeer führen sollten, mussten abgesagt werden. Ursprünglich sollte es Anfang Mai losgehen, nun soll es der 1. Juni sein.
«Leider gab es Lieferschwierigkeiten bei bestimmten technischen Bauteilen des Schiffs», sagt Laukamp. «Wenn ein Teil fehlt, kann nicht zu Ende gebaut werden.» Die Gäste wurden informiert. Sie bekamen ihr Geld zurück und Rabatt für andere Kreuzfahrten.
Noch viel zu tun auf der Westsea-Werft
Dass noch etwas mehr als ein paar Bauteile fehlen, konnte man bei der Besichtigung in der Westsea-Werft im portugiesischen Viana do Castelo anlässlich der Taufe am 6. April sehen. Viele Wände waren noch nicht verkleidet, Fußböden fehlten, Kabel und Rohre überall.
Die zwei Restaurants ließen sich nicht in Augenschein nehmen. Man bekam auch nur einen eher flüchtigen Eindruck vom Stil der Innenbereiche. Hell und nordisch soll das Design einmal aussehen. Auch der Schauwert der Observatory Lounge auf Deck 7 mit Rundum-Verglasung für Panoramaausblicke ließ sich nur erahnen.
Zwei Kabinen waren hergerichtet für die neugierigen Blicke der teils prominenten Gäste der Tauffeier. So kamen zum Beispiel der portugiesische Premierminister Antonio Costa und die französische Star-Sängerin Carla Bruni als Taufpatin.
Maximal 200 Gäste können auf dem 126 Meter langen Schiff mitfahren. Drei Passagierdecks gibt es, mit Kabinen in Holz- und Beigetönen zwischen 17 und 41 Quadratmetern Fläche. Sauna, Whirlpool an Deck und einen beheizten Außenpool wird es geben.
Geeignet für ungewöhnliche Routen
Nicko Cruises vermarktet die kleine «World Explorer» als Schiff, das Routen fahren kann, die für größere Bauten unmöglich sind. «Den Guadalquivir nach Sevilla hoch schaffen es die wenigsten Schiffe, oder durch die Tower Bridge mitten hinein ins Herz von London», gibt Laukamp als Beispiele. Die Reiseziele entlang der Strecke stehen im Vordergrund, die Ausflüge und Landgänge, nicht das Bordleben und Entertainment – eben wie bei einer Flusskreuzfahrt.
Die «World Explorer» ist ein Expeditionsschiff, Eisklasse 1b. Allzu wild werden die Kreuzfahrten für die deutschen Gäste aber meist nicht. «Softe Expeditionen», sagt Laukamp. «Ein bisschen, als ob man mit einem SUV durch die Stadt fährt.» Die abenteuerlichsten Routen im Nicko-Angebot führen nach Island und Südgrönland.
Wer auf der «World Explorer» in die Antarktis möchte, in das klassische Expeditionsziel also, der muss bei Quark Expeditions mit Sitz in Seattle mitfahren, die das Schiff zumindest in der kommenden Wintersaison gechartert haben. Einige dieser Reisen macht Nicko Cruises für deutsche Gäste buchbar, auch deutschsprachige Expeditionsbegleiter sind dann dabei. Doch die «World Explorer» fährt in der Antarktis vor allem für nordamerikanische Gäste.
Gegentrend zum Massenurlaub
Expeditionskreuzfahrten auf kleinen Schiffen als Gegentrend zum Massenurlaub auf einer der schwimmenden Ferienanlagen von Aida und Co. boomen derzeit. Mit den neuen Expeditionsschiffen von Hapag-Lloyd Cruises hat die «World Explorer» aber starke Konkurrenz.
Nicko Cruises will in dem Segment vor allem mit günstigeren Preisen punkten. Die «World Explorer» habe Fünf-Sterne-Niveau, sagt Laukamp. Der Durchschnittspreis über alle Saisons und Kabinen hinweg liege bei nur 430 Euro pro Nacht. «In dieser Schiffsgröße werden Sie selten etwas Günstigeres im Markt finden.»
Dass Expeditionskreuzfahrten auf kleinen Schiffen allerdings nie günstige Seereisen sind, das wissen interessierte Kunden.
Angetrieben wird die «World Explorer» von zwei Dieselmotoren und zwei Elektroaggregaten, die immer mitlaufen. Geschwindigkeiten bis fünf Knoten lassen sich rein elektrisch bewältigen, etwa für die Fahrt durch die norwegischen Fjorde. Ansonsten wird Marine Dieselöl (MDO) gebunkert, das schadstoffärmer als Schweröl mit bis zu 3,5 Prozent Schwefelanteil ist. Dieses darf ab 2020 aber ohnehin nicht mehr verfeuert werden – und zwar weltweit. In Nord- und Ostsee sind schon lange nur 0,1 Prozent Schwefelanteil erlaubt.
Der portugiesische Eigentümer von Nicko Cruises, Mystic Invest, lässt zwei weitere Schwesterschiffe bauen. Die «World Voyager» soll 2020 in See stechen – und ein drittes Schiff 2021. Der Expeditionsmarkt wächst weiter. Ebenso wie das Bedürfnis zahlungskräftiger Gäste, weniger überlaufende Ziele ansteuern zu können.
Fotocredits: Philipp Laage,nicko cruises Schiffsreisen GmbH,nicko cruises Schiffsreisen GmbH,nicko cruises Schiffsreisen GmbH,Philipp Laage,Philipp Laage,Philipp Laage
(dpa/tmn)