Wer die Museumsbahnen in Deutschland am Laufen hält

Darmstadt – Sie sind tonnenschwere Zeugen der Eisenbahngeschichte. Für Liebhaber sind sie pure Nostalgie – Romantik auf Schienen. Andere schätzen an ausgemergelten Maschinen wohl nur noch den Schrottwert.

Dutzende Vereine bieten heute in Deutschland Museumsfahrten mit alten Dampfloks und historischen Triebwagen an. Die emporsteigenden Rauchsäulen der Kolosse sind teils weit aus der Ferne zu sehen. Ihre Restaurierung, Pflege und Fahrbereitschaft verschlingt aber große Summen, Ersatzteile sind auch kaum zu bekommen und müssen wie bei einer Art Denkmalschutz mit den historischen Arbeitsmaterialien gefertigt werden.

Die Geschichte der Eisenbahn erforschen

Auf dem riesigen Areal des früheren Darmstädter Rangierbahnhofs liegen verrostete Kessel, alte Signale, Bolzen, Bohlen und andere verwitterte Lokomotiventeile. Öffnen sich aber die Tore des großen Lokschuppens kommen die riesigen Lokomotiven zum Vorschein, die teils vor über hundert Jahren gebaut wurden. Einige von ihnen sind betriebsbereit. «Wir haben versucht eine Sammlung zusammenzustellen, die die Eisenbahnhistorie widerspiegelt», sagt der Direktor der
Bahnwelt Darmstadt-Kranichstein, Uwe Breitmeier.

«Ich bin hundert Meter hinter einem Lokschuppen groß geworden», erklärt Breitmeier seine Liebe zu den Lokomotiven und seine Intention, sie für die Nachwelt zu erhalten. Der 70 Jahre alte Jurist hat während des Studiums als Heizer bei der Deutschen Bahn gearbeitet und kennt heute die Geschichten zu den Loks. Er ist einer der Gründerväter des 1970 ins Leben gerufenen Vereins, der seither 45 Triebfahrzeuge, rund 150 Waggons und auch die Maschinen für Reparaturen und Instandsetzung gesammelt und beschafft hat. Heute werkeln die Mitglieder des Vereins ehrenamtlich und geben ihre Fähigkeiten weiter.

Alles was zur Eisenbahnwelt dazu gehört

Um zu zeigen, wie die Eisenbahnwelt einmal aussah, hat der Verein in seinem Museum auch ein kleines Fahrkartenhäuschen mit den alten, farblich unterschiedlichen Papp-Billets aufgebaut. In einem Geräteschuppen kann man sehen, was alles für den Betrieb damals nötig war. Künftig soll es auch noch eine Ausstellung mit Bahnuniformen geben.

Doch die wahren Schätze sind die Lokomotiven. Mit dem Beginn der Streckenelektrifizierung in den 1960er Jahren sei die Bahn hinterher gewesen, die Dampfloks los zu werden, erzählt Breitmeier. «Dampflok war damals ein Schimpfwort für Eisenbahner.» Doch mit der Gründung des Vereins und der Anmietung eines ersten Gleises von der Bahn seien immer wieder Neugierige gekommen. Damals sei dann auch die Idee für das Freilichtmuseum entstanden.

Seit 100 Jahren Dampf auf Schienen

Die älteste Lok in der Sammlung stammt aus dem Jahr 1887, die jüngste von 1954. Und alle haben eine Geschichte. Eine G8 der Königlich-Preußischen und Großherzoglich-Hessischen Staatseisenbahn mit Doppelwappen kaufte der Verein 1987 in der Türkei. Der 1913 gebaute, 96 Tonnen schere Koloss lief dort noch in den 80er Jahren. «Das war ein rollender Schrotthaufen.» Auch eine der letzten in West-Deutschland noch aktiven Dampfloks steht im Lokschuppen.

In der alten Bundesrepublik wurde der Dampflokverkehr nach Angaben von Horst Kayser von der Deutschen Gesellschaft für Eisbahngeschichte in den 70er Jahren eingestellt. In der ehemaligen DDR seien sie noch länger im Einsatz gewesen. Noch heute gibt es in den neuen Bundesländern regulären Dampflokbetrieb, zum Beispiel bei der Brockenbahn im Harz. Aber es gebe zunehmend Probleme mit dem Personal. «Heizer ist ja kein Lehrberuf», sagt Kayser. Der Gedanke, den Personen- und Frachtverkehr auf die Schiene zu verlegen, sei 1825 in England entstanden. «Wir haben in Deutschland keine Fabriken gehabt, die Lokomotiven bauen.» Allerdings gab es eine Wiege der deutschen Eisbahngeschichte auf dem Gebiet des heutigen Hessen. Die Firma Henschel & Sohn in Kassel baute Mitte des 19. Jahrhunderts Loks und zählte zusammen mit den Berliner Borsig-Werken zu den führenden Lokomotivherstellern.

Vielfältige Museumsbahnen für viel Geld

Kayser und Breitmeier zufolge gibt es heute rund 50 Museumsbahnen in Deutschland auf normaler Spurbreite. Und nach Angaben Breitmeiers sind diese Anbieter auch untereinander vernetzt. «Da hilft man sich, das ist doch klar», sagt er mit Blick auf Ersatzteile. Die Vereine und Förderer wollen aber auch eine Vielfalt bei den Lokomotiven anbieten. Es mache ja keinen Sinn, wenn alle die gleiche Lok betriebsbereit halten. «Wir bilden für andere Vereine auch aus, damit das Handwerk erhalten bleibt.»

Doch die Kosten für Instandsetzung, Ausbau des Geländes und Maschinen sind immens. Das Darmstädter Museum zahlt alleine für das Areal der Bahn 120.000 Euro Miete im Jahr. In den Werkstätten würden auch Arbeiten für andere übernommen, sagt Rudolf Langeloth, der früher Heizer auf einer Lok war. Zudem gibt es Breitmeier zufolge die Museumsfahrten, große Veranstaltungen, Spenden und auch eine Stiftung sei gegründet worden, um den Finanzbedarf zu decken.

Fotocredits: Arne Dedert,Arne Dedert,Arne Dedert,Arne Dedert,Arne Dedert,Arne Dedert,Arne Dedert,Arne Dedert,Arne Dedert
(dpa)

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