Deutsche Reiseziele gegen das Fernweh

Berlin – Endlose Weiten oder aufgeheizte Party-Stimmung. Sonne, Meer, Erholung? Was in unserer Erinnerung nach Urlaub klingt, ist in Zeiten von Corona gar nicht so einfach zu bekommen. Viele Menschen brauchen aber Urlaub, und zwar dringend.

Am heimischen Horizont nun ein Hoffnungsschimmer: Urlaub in Deutschland wird nach und nach möglich sein. Also: Mecklenburg statt Mallorca – machen wir das Beste draus. Hier kommen ein paar ernstgemeinte Alternativen zu ferneren Sehenswürdigkeiten. Dickes Fell ist leider immer noch ein Muss: die Badetemperaturen sind, nun ja, erfrischend.

Kreidefelsen auf Rügen statt White Cliffs von Dover

Die weißen Klippen von Dover (Großbritannien) ragen an der schmalsten Stelle des Ärmelkanals wie eine Festung in Richtung Kontinentaleuropa. Solche schneeweißen, beeindruckenden Kolosse lassen sich auch in Deutschland finden: die Kreideformation des Nationalparks Jasmund auf Rügen. 118 Meter misst die höchste Klippe bis zum Abgrund.

«Die Kreideküste im Nationalpark Jasmund ist der größte und bedeutendste geologische Aufschluss Norddeutschlands. Denn sie stellt einen Schnitt durch 70 Millionen Jahre Erdgeschichte dar. Kleine und große Uferabbrüche sorgen immer wieder für Aufsehen», wirbt der Nationalpark mit dem Weltkulturerbe. Casper David Friedrich wurde 1850 hier zu einem der berühmtesten Kunstwerke der Romantik inspiriert.

Unter dem Hashtag
#virtualruegality macht die Tourismusagentur der Insel Rügen schon jetzt Lust auf eine Reise. Aufnahmen zeigen die reine Natur in der Corona-Krise, darunter auch die berühmten Kreidefelsen im Morgengrauen. Die Strände von Rügen menschenleer, das Wasser tiefblau. Kleiner Minuspunkt: Die Ostsee wird nie wirklich warm, selbst im August liegen die Temperaturen durchschnittlich unter 20 Grad.

Heideblüte statt Provence

Das berühmte violette Kraut taucht jährlich von August bis September die Lüneburger Heide in ein fantastisch leuchtendes Farbenmeer. Dies sieht den Lavendelfeldern in der Provence zum Verwechseln ähnlich. In der Heidelandschaft allerdings einzigartig: Schafe pflegen die Landschaft. Sie halten die Triebe etwa 15 Zentimeter kurz, sodass sie dicht bleiben und schön blühen. Noch etwas können die berühmten Heidschnucken: Sie zerstören die Spinnweben, so können sich die Bienen darin nicht verfangen.

Tierfreunde aller Art kommen in der Lüneburger Heide auf ihre Kosten. Neuerdings werden die Schafe von Ziegen unterstützt. Die halten Gehölze wie Birken und Kiefer in Schach. Nicht zu vergessen sind auch die Dülmener Wildpferde, die dort ebenfalls Landschaftspflege betreiben. Ein klein bisschen Safari ist also auch noch mit dabei.

Die Schweiz und ihre kleinen Verwandten

Wandern in der Schweiz – das geht nicht nur bei den Eidgenossen, sondern auch zum Beispiel in Sachsen, in Brandenburg, Franken oder Schleswig-Holstein. Zugegeben, sie besuchen nicht wirklich die Schweiz, sondern einen ihrer kleinen Verwandten: Sächsische Schweiz, Fränkische Schweiz, Märkische Schweiz oder Holsteinische Schweiz. Viele der zahllosen Schweizen haben ihren Beinamen erhalten, weil sie einst eidgenössische Besucher an ihre Heimat erinnerten.

Der kleinste gemeinsame Nenner der Schweizen in Deutschland ist wohl im weitesten Sinne eine schöne Natur. Der Urlauber kann dort wandern, spazieren und radeln. Ein bisschen hügelig sollte es auch sein. «Die Schweiz ist als Land klar positioniert: Dort gibt es Berge», sagt Prof. Martin Lohmann, Leiter des Instituts für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa. «Und wenn man einen Vergleich sucht, nimmt man etwas, das jeder versteht.» Hochgebirge hin oder her.

Saale-Unstrut: Toskana um die Ecke

Steht einem mehr der Sinn nach mediterranem Flair, ist vielleicht eine deutsche Variante der Toskana das Ziel der Wahl. Die gibt es gleich mehrfach: Neben der Uckermark in Brandenburg wird auch das
Weinanbaugebiet Saale-Unstrut in Sachsen-Anhalt als «Toskana des Nordens» gepriesen.

Selbst ausgedacht habe man sich diese Umschreibung aber nicht, so die Tourismusagentur Sachsen-Anhalts. Dies habe schon der Künstler Max Klinger vor mehr als 100 Jahren über die Gegend rund um Naumburg im äußersten Südosten des Bundeslands gesagt.

Die ehemaligen Herzogtümer Sachsen-Weißenfels, Sachsen-Merseburg und Sachsen-Zeitz zeugen mit ihren majestätischen Barockschlössern noch heute von einer prunkvollen Vergangenheit. Radfahren und Wandern bietet sich hier an, aber auch Kanu-Fahren in einem der vielen Seen oder Flüsse ist möglich.

Fotocredits: Jens Büttner,Jan Woitas,Arno Burgi,Philipp Schulze
(dpa/tmn)

(dpa)