Auf der Insel Java in Indonesien befindet sich die größte buddhistische Tempelanlage Südostasiens: Borobudur. Einst der Stolz der Gegend, dann lange Zeit in Vergessenheit geraten und erst im 19. und 20. Jahrhundert wiederentdeckt, zieht die Anlage heute sowohl Touristen als auch Pilger aus der ganzen Welt an.
Und, obwohl so viele Menschen sich im Borobudur aufhalten, hat man doch stets ein Gefühl von Ruhe. Von dem Ort geht etwas Magisches aus und man versteht, warum der Tempel einst hier errichtet wurde.
Wann genau das war ist nicht sicher. Forscher nehmen an, dass Borobudur um das Jahr 800 entstand. An die 100 Jahre muss es dann wohl das religiöse Zentrum der Gegend gewesen sein, bis das hinduistische Königreich Mataram verfiel und danach alle religiösen Bauwerke vernachlässigt wurden. Und so geriet auch Borobudur in Vergessenheit und wurde der Vegetation überlassen. Durch heftige Erdbeben stürzten Teile ein, Pflanzen überwucherten den Bau und Erde verschüttete ihn nach und nach. Daher glaubte man auch lange, dass es sich um einen normalen Hügel handelte. Bis ein Teil der Tempelanlage 1814 entdeckt wurde. In den darauf folgenden Jahren schenkte man Borobudur mal ein wenig Aufmerksamkeit, mal wurde er vernachlässigt.
Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die gesamte Tempelanlage freigelegt und erste Restaurierungsarbeiten begannen. Doch endgültig fertig und zugänglich für die Öffentlichkeit war er dann erst im Jahr 1983.
Auf dem Hügel türmen sich neun Stockwerke auf einer quadratischen Basis von einer Kantenlänge von 123 m. Borobudur hat die Form einer Stufenpyramide und mündet oben in eine große Stupa, so nennt man die glockenförmigen, runden Denkmäler für Buddha. Er besteht aus sechs rechteckigen Ebenen, drei kreisförmigen Terrassen und der zentralen Spitze mit der großen Stupa.
Borobudur symbolisiert das Universum nach der buddhistischen Kosmologie. In ihr gibt es drei Welten: Kamadhatu, die unterste Welt, also die Sinneswelt der Menschen, Rupadhatu, die feinkörperliche Welt, also der Übergang vom Menschsein zur göttlichen Ebene, und Arupyadhatu, die unkörperliche Welt, die der Götter und der Erleuchtung.
Die unterste Ebene von Borobudur ist der Sinneswelt der Menschen gewidmet. Diese besteht aus einer großen Wand am Fuße des Monuments. Hinter und über dieser dicken Wand erhebt sich dann die feinkörperliche Welt, die in Borobudur aus vier rechteckigen Terrassen besteht, auf deren Wänden 1.300 szenische und 1.200 figurative Reliefs das Leben des Buddha erzählen. Die Details dieser Reliefs und auch der fast überall stehende Buddhastatuen sind äußerst präzise und ziehen einen sofort in ihren Bann.
Von hier geht man dann langsam in die unkörperliche Welt über, die durch die drei runden Terrassen und der großen kuppelförmigen Stupa im Zentrum symbolisiert wird. Um hier herein zu gelangen muss man ein großes Tor passieren. Man verlässt quasi seine körperliche Gestalt und geht in das unkörperliche Dasein über. Vorher waren die unzähligen Gänge und Gassen auf den rechteckigen Plateaus beengend. Nun ist hier alles rund und offen. Man fühlt sich automatisch befreiter und allein der Ausblick trägt sein Übriges dazu bei.
Auf diesen Terrassen sind geometrisch 72 kleinere Stupas angeordnet, die jeweils ein Buddhastatue beinhalten.
Insgesamt gab es auf der ganten Anlage einmal über 500 solcher Statuen, von denen heute aber rund 300 verstümmelt sind, meist fehlt ihnen der Kopf, und 43 fehlen gleich ganz. Trotzdem hat man immer noch das Gefühl, dass Buddha, egal wo man sich in Borobudur aufhält, über einen wacht.
Borobudur ist ein faszinierendes Bauwerk, das man so schnell nicht vergessen wird.