Hotels bereiten sich auf die ersten Gäste vor

Binz/Ahlbeck – Die weißen Ostseestrände auf Rügen und Usedom sind noch menschenleer. Doch mit der lähmenden Ruhe vergangener Corona-Wochen ist es vorbei.

In den schicken Bummelmeilen der Badeorte haben Cafés und Restaurants wieder geöffnet und Stühle nach draußen gestellt. Geschäfte warten auf Kundschaft – bei verkürzten Öffnungszeiten. «Dass wir gar nichts verkaufen, können wir nicht sagen», sagt eine Mode-Verkäuferin in Binz auf Rügen diplomatisch durch ihren Marken-Mundschutz. Auch der Humor ist geblieben. Ein Laden wirbt für «Schnutenpullis», 50 Stück für knapp 30 Euro.

Jede Menge Buchungsanfragen

Im Hotel
«Meersinn» in Binz sitzen Abteilungsleiter und -leiterinnen mit ausreichend Abstand an einem großen Beratungstisch. Der Hotelier Gunter Preussker will das «Meersinn» am Montag als erstes seiner drei Hotels in Binz nach zwei Monaten wiedereröffnen. Touristen aus Mecklenburg-Vorpommern dürfen vom 18. Mai an wieder im Land übernachten, Gäste aus anderen Bundesländern ab dem 25. Mai. Die Nachfrage sei enorm: «Im Moment haben wir das Gefühl, die Leute buchen und buchen, aus Angst, nichts mehr zu kriegen», sagt der 50-Jährige.

Die Seetel-Hotels auf Usedom starten am Montag mit dem kleinsten von 16 Häusern, dem
«Strandhotel Atlantic» in Bansin. Einheimische Gäste spielen nach den Worten des Geschäftsführers der Seetel Hotel GmbH, Rolf Seelige-Steinhoff, mit einem Anteil von 3 bis 5 Prozent nur eine kleine Rolle. Beide Hoteliers sehen die nächste Woche als einen guten Testlauf an, denn ab Pfingsten erwarten sie richtig volle Häuser. «Wir hatten einen sehr hohen Buchungsstand von mehr als 80 Prozent», sagt der Usedomer Hotelier. Vorerst – bis Juni – dürfen die Häuser nur zu 60 Prozent ausgelastet werden. Hotelmitarbeiter telefonieren, sagen ab, bieten Ersatztermine oder Gutscheine an.

Viele offene Fragen

Preussker und seine Mitarbeiter in Binz rätseln, worauf sich die Begrenzung der Gäste auf «60 Prozent» beziehen mag. 60 Prozent der Betten oder der Zimmer, mit Aufbettung oder ohne? Wie mit Gästen umgehen, die aus Risikogebieten anreisen, oder deren Herkunftsorte während ihres Urlaubs zu Risikogebieten erklärt werden? Sollte man ihnen eine Reiserücktrittsversicherung empfehlen? Wie sollen die Begegnungen innerhalb der Hotels geregelt werden?

Mundschutz und Desinfektion der Hände sind Selbstverständlichkeiten für Personal und Gäste. Schilder erinnern an die Hygieneregeln in den verschiedenen Bereichen. Sogenannte Spuckschutzwände aus Plexiglas sind bestellt, wie Marketingdirektor Jens Lindmayer in Binz sagt. Sollte man den Gästen Stoffmasken inclusive Reinigungsservice anbieten, wird überlegt. In den Zimmern müssen Türgriffe, Fernbedienungen, Safes täglich desinfiziert werden. Für die Zimmerdamen bedeutet das einen Mehraufwand, der in der Planung berücksichtigt werden muss. Housekeeper Waldfried Breithaupt geht täglich durch die Zimmer aller drei Hotels, lüftet und betätigt Wasserhähne und Spülungen, damit sich keine Keime breitmachen.

Siegel für Hygienestandards

Auf Usedom machen die Seetel-Hotels den Gästen ihre neuen Hygienestandards mit Hilfe von Siegeln kenntlich – etwa die Desinfektion von Telefonen, Fernbedienungen, Bademänteln. Überflüssiges wie Dekokissen werde entfernt, sagt der Hotelier. In den Restaurants werde die Frühstückszeit auf fünf Stunden verlängert. Die wegen der 60-Prozent-Regelung freien Tische sollen als Beistelltische für das Servieren von Speisen dienen. Büfetts sind in den Hotels abgeschafft. Auch die Wellnessbereiche können nur eingeschränkt benutzt werden: Rückenmassagen werden möglich sein, Schwimmbecken und Sauna bleiben vorerst gesperrt, sagt Preussker.

Die Seetel-Hotels mit ihren bis zu 500 Mitarbeitern und Preusskers Hotels in Binz mit 75 Mitarbeitern holen die Beschäftigten jetzt schrittweise aus der Kurzarbeit zurück. Es sei niemand gekündigt worden, sagt Seelige-Steinhoff, in dessen Hotels auf Usedom 45 Prozent der Mitarbeiter aus Polen kommen. Es werde Rücksicht auf diejenigen genommen, die zur gesundheitlichen Risikogruppe zählen, sagt Preussker. Seiner Personalleiterin Hanna Herbst zufolge wollen die meisten wieder arbeiten. «Bei manchen hängt es von der Kinderbetreuung ab. Sie bieten auch an, stundenweise zu kommen.» Andere haben durchgearbeitet, etwa die Handwerker in den Hotels «Meersinn», «Vier Jahreszeiten» und im Familien-Suite-Hotel. Sie hätten rund 400 Quadratmeter Holzfußböden abgeschliffen und versiegelt, alle Zimmer seien renoviert, berichtet Preussker.

Angst vor zweiter Corona-Welle

Seelige-Steinhoff hat über den Winter Millionen in die Häuser investiert. Nun die Umsatzeinbußen. Kredite mussten aufgenommen werden um den Kapitaldienst bei den Banken leisten zu können. Preussker sieht große Unterschiede bei der Betroffenheit der Betriebe. Eigentumsbetriebe hätten es leichter als jene, die Pacht zahlen müssen, alteingesessene seien besser dran als Betriebe, die gerade erst eröffnet haben.

Vor einer möglichen zweiten Corona-Welle haben die Hotelbetreiber große Sorge. «Dann würde viel kaputtgehen», meint Seelige-Steinhoff. Preussker ist gewiss: «Wir können das Infektionsrisiko nicht auf Null senken, aber wir können sagen, wir haben alles Menschenmögliche getan.»

Fotocredits: Stefan Sauer
(dpa)

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