Wernigerode – Mike Wagner stellt das Schild mit dem Feuersalamander zur Seite. In strahlenden Farben leuchtet der Lurch, darunter steht in weißer Schrift: «Vorsicht! Wir queren die Straße». Ein kurzer Blick von Weitem, dann das zufriedene Nicken.
«Passt so», sagt der 52-Jährige, der eigentlich Maurer und nun Kreativarbeiter ist. Dann legt er einen Wegweiser auf seinen Tisch. Ruhig führt er den Pinsel durch das eingefräste Wort «Schierke», bis es weiß hervorsticht. Bernd Kobus (59) hat den Namen des Touristenortes im Harz gut drei Millimeter tief im Lärchenholz verewigt. Die Schablonen für die Fräsmaschine stellt der Modellbauer selbst her.
Die Männer arbeiten für die
Nationalparkverwaltung Harz in der Schilderwerkstatt Wernigerode. Es ist eine von zwei Arbeitsstätten, in denen Schilder, Handläufe, Treppen und Bänke für das länderübergreifende Schutzgebiet hergestellt oder repariert werden. Die zweite Werkstatt befindet sich im niedersächsischen Oderhaus.
Gut 1200 Schilderstandorte gibt es im gesamten Nationalpark in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Die Hinweistafeln geben Orientierung, zeigen Entfernungen an oder weisen auf Verbote hin. Jede einzelne ist ein Schmuckstück – immer aus Holz, immer handgefertigt und deshalb sehr fotogen. Das Selfie mit den Kilometerangaben im Hintergrund gehört wohl mittlerweile zu jedem Aufstieg auf den Brockengipfel dazu.
Doch es wird auch viel randaliert. «Verbotsschilder werden gern runtergerissen, weil einige dann denken, sie setzen damit das Verbot außer Kraft», sagt Werkstattleiter Ulrich Hesse. «Nach dem Motto: Ich habe nichts gesehen, da war doch nichts dran.» Hesse sagt, «seine Jungs» in der Werkstatt seien wie die Feuerwehr. «Die machen alles.» Und oft muss es alles ganz schnell gehen – für die Sicherheit und Orientierung der Wanderer und Biker.
Die liegt auch Martin Bollmann am Herzen. Der Förster des 1800 Hektar großen Reviers Hohne sieht sich oft mit Meldungen über Zerstörungen an den Schilderbäumen konfrontiert, denn durch sein Revier verlaufen Hauptwanderwege. «Viele wissen dann nicht mehr, wo lang», sagt er. Bollmann sowie seine Kollegen und die Nationalpark-Ranger können künftig in solchen Fällen schneller reagieren. «Wir arbeiten jetzt mit einer Karte, auf der für das Revier alle Schilderstandorte erfasst sind», sagt Bollmann.
Ohne das jetzt existierende Kataster war die Bearbeitung eines Schilder-Problems mit viel Aufwand verbunden. Oft sei ein Vor-Ort-Termin nötig gewesen, sagt Ingrid Nörenberg von der Nationalparkverwaltung. «Am Schreibtisch konnte man fast nie nachvollziehen, was gemeldet wurde.» Nun sei man auch in Sachen Schilder ins digitale Zeitalter aufgebrochen, denn das Kataster enthalte nicht nur deren Inhalte und GPS-Daten, sondern auch Fotos der Schmucktafeln.
Aktuell werden alle Daten in eine Datenbank eingepflegt, die mit dem Geografischen Informationssystem des Nationalparks verknüpft ist. Ein Ergebnis: Mit einem Klick können zum Beispiel alle Schilder angezeigt werden, auf denen ein bestimmtes Ziel wie der Harzer Hexen-Stieg ausgewiesen ist. «Lücken in der Beschilderung können so leicht ausgemacht werden», sagt Nörenberg.
Kreativarbeiter Wagner hat die Schilder fertig und kann sich nun voller Hingabe mit Lars und Lotta befassen. Hüfthoch hat Vorarbeiter Martin Mitleider die Sympathiefiguren des bundesweiten Junior-Ranger-Programms aus einem Holzbrett gesägt. Wagner will dem blonden Jungen und dem brünetten Mädchen einen bunten Anstrich verpassen. Künftig sollen sie als Aufsteller in den Ranger-Stationen wie dem Hohnehof in Drei Annen Hohne vor allem bei Kindern für Umweltbewusstsein und Naturverbundenheit werben. «Eine schöne Abwechslung», sagt Wagner und malt los.
Fotocredits: Matthias Bein
(dpa)